Landesfilmfestival in Waiblingen
Das 89. Landesfilmfestival Baden-Württemberg ist zu Ende. 45 Geschichten wurden an den beiden Tagen erzählt, filmisch umgesetzt, bunt, vielfältig, anregend und inspirierend. Die Filmemacher und Filmemacherinnen gehen mit offenen Augen durch die Welt, greifen die Themen auf, die die Gesellschaft derzeit beschäftigen.
Autoren aus dem ganzen Ländle zeigten ihre Werke auf großer Leinwand – Reisefilme in nahe und ferne Länder waren zu sehen, aktuelle Themen zu Natur und Umwelt wurden aufgegriffen, geschichtliche Themen, fiktionale Erzählungen und vieles mehr wurden einem interessierten Publikum geboten. Zwei Tage, auch angefüllt mit Gesprächen, Anregungen, Austausch über technische Themen, Diskussionen über Filmschnitt, Spannungsbogen und vielem mehr.
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Der Wald
Einige Filme greifen das Thema Wald auf, zeigen unterschiedliche Aspekte, gehen ganz verschieden damit um. Das Thema bietet vielfältige und interessante Materialien, viel Stoff, um damit kreativ zu werden.
Jürgen Kläger vom Kornwestheimer Filmclub hat auf vielen Streifzügen durch seine einstige Heimat mit großartigen Aufnahmen viele Impressionen aus der Gegend zusammengestellt, „Baiersbronn, mehr Schwarzwald gibt’s nirgends!“ behauptet er.
Falk Nixdorf vom Filmclub Breisgau führt uns in seinem Beitrag „Waldweben“ vor Augen, dass wir permanent in einer Art Wald leben, sei es in den Hochhäusern der Großstadt oder in den himmelwärtsstrebenden Kathedralen der Glaubenswälder. Sein Werk ist eine Kritik an unserer Lebensweise, denn der Wald selbst wird von uns nur schwer verstanden: Wald ist eine Quelle, um Kraft zu schöpfen, zum Innehalten, zum Besinnen.
Lutz Schulze, BDFA-Einzelmitglied, berichtet von einem kleinen persönlichen Drama; aus einer eher belanglosen Begebenheit erstellt er eine spannende Geschichte und fasst sie zusammen unter dem Motto „Und die Moral von der Geschicht“.
Hans-Georg Lepkojis vom Film-Club Breisgau schildert in „Nur ein kleines Stück Wald“ die drohende Vernichtung eines Stücks Walds, um Wohnraum zu schaffen; er liefert Fakten und Emotionen zur Anregung, sein filmischer Blick reicht von Drohnenaufnahmen bis ins Detail zu den kleinsten Lebewesen im Waldboden. Der Autor erhält den Sonderpreis „Bemerkenswerter Naturfilm“.
Bernd Wahl vom Film-Club Breisgau bietet mit „Moose, grüne Vielfalt im Kleinen“ eine beeindruckende Einführung in die kleine Welt der Moose; fast statische Aufnahmen, langsame Bewegungen liefern dem Zuschauer viele Informationen über deren Vielfalt im Kleinen.
Klaus Haberstroh, Film-Club Breisgau, begleitet in „rund lang tonnenschwer“ einen Rundholztransport bis zum Holzeinkäufer. Die Kamera ist nah dran am Geschehen, auch wenn ein krummer Stamm sich beim Beladen auf den Transporter als sehr widerspenstig erweist; der sympathische Protagonist – der Fuhrunternehmer – beweist große Geduld.
„Da ben i dahoim“ ist eine Art Musical. Frank Lauter vom Filmclub Hohenheim interpretiert einen schwäbischen Liedtext der Band Wendrsonn mit seinen Landschafts-Aufnahmen aus dem Hohenlohischen und kreiert damit eine Symbiose von Natur, Musik, Text und Atmo.
Umwelt – Natur
Die Themen Umwelt und Natur waren ein weiterer Schwerpunkt der filmischen Werke. Die Begriffe haben beide zahlreiche Bedeutungen und manchmal werden sie auch als gegenseitiges Synonym verwendet.
Hansueli Holzer vom Filmclub Singen-Radolfzell baut in seinem Film „Mit Indra im Korallenriff“ langsam die Dramaturgie auf. Indra ist die Taucherin, 80 Jahre alt, und immer wieder im Bild. Unter Wasser wird alles ruhig und bedächtig, Unterwasseraufnahmen mit Schildkröte, einem farbenwechselnden Oktopus, einer Seegurke – der Zuschauer gerät ins Meditieren, bis gegen Filmende noch die Korallenwelt gezeigt und kommentiert wird – die Korallen sind fast alle tot.
Cord und Doris von Restorff vom Karlsruher Film-&Videoclub waren „Im Reich der Adélie-Pinguine“; sie berichten von ihrer Reise zur antarktischen Halbinsel mit Anlandungen an mehreren Stellen. Die Pinguine leiden ebenfalls unter dem Klimawandel, viel Regen macht den Küken zu schaffen, deren Federkleid noch nicht vor Wasser schützt. Viele Informationen werden geliefert, lange Aufnahmen ohne Kommentar lassen die Bilder für sich sprechen.
„Revierkämpfe“ von Günter Walz, BDFA-Einzelmitglied, zeigt mit Nachtaufnahmen wie mehrere Igel sich auf seiner Terrasse ums Futter streiten; untermalt wird der spektakuläre Einblick in die Natur durch „Das Lied vom Tod.“
Im Film „Die Farben des Jahres“ zeigt uns Josef Pettinger, BDFA-Einzelmitglied, einen Spaziergang durchs Jahr mit seinen Blumen, Farben – die Botanik pur, untermalt mit passender Musik.
Vom gleichen Autor stammt das Werk „Vierbeinige Landschaftspfleger“, ein gut-aufgebauter Naturfilm über die Landschaftspflege mit Ziegen – praktizierter Naturschutz.
Günter Vlieckx vom Filmclub Singen-Radolfzell hat auf der Schwäbischen Alb eine Biberburg entdeckt. Das war für ihn Anlass zur Recherche für den Film „Biber im Tal der Lauchert“. Anschaulich vermittelt er uns Informationen über Lebensraum und Lebensweise des Bibers.
Falk Auer, Renate Schupp, Dirk Auer vom Filmclub Lahr greifen in „Pellworm macht´s vor: Strom aus Sonne, Wind und Biomasse“ ein wichtiges aktuelles Thema auf. Ihr Film beschreibt die verschiedenen Arten der Gewinnung von Energie auf Pellworm: Gas – Wind – Solar – Biogas; inzwischen ist die Insel zu 95 % autark bei ihrer Energieversorgung. Die Autoren erhalten für ihr Werk den Sonderpreis „Lehrreichster Film“.
(Fern)Reisen
Auch das Thema (Fern-)Reisen hat nach Corona wieder an Fahrt aufgenommen.
Dr. Helmut Leier, BDFA-Einzelmitglied, beschreibt in „Liebe XXL“ die Geschichte rund um das berühmte Bauwerk Taj Mahal. Schon der Titel macht den Zuschauer neugierig; ein beeindruckendes Interview mit einem Guide vor Ort bringt die Erzählung plastisch und authentisch rüber.
Günther Walz, BDFA-Einzelmitglied, hatte mit seiner Frau auf Island eine Rundreise unternommen und berichtet darüber in „Wasserfälle, Gletscher und Geysire“. Es ist ein filmisches Tagebuch der Reise mit viel Wasser und Eis, ruhigen Bildern und konzentriertem Kommentar.
„Otero de Sariegos“ ist ein lost place – aber trotzdem oder vielleicht deshalb ein Naturparadies. Der Film von Jürgen und Bergit Bergmann von der Filmgruppe Ortenau zeigt, wieviel Leben dort ist. Zu Beginn sehen und hören wir das verlassene Dorf in der weiten Steppe Spaniens, man hört das Echo der vergangenen Stimmen. Heute sind die Ruinen ein ungestörter Lebensraum für Tiere. Die Autoren erhalten dafür den Sonderpreis „Bemerkenswerter Reisefilm“.
Der Beitrag „Uluru – der rote Monolith im Red Centre“ von Rainer Kuhn, AV-Dialog, stellt den Heiligen Berg der australischen Aborignes in den Mittelpunkt. Die wechselnden Farben des Felsens, der Wechsel zwischen statischen und dynamischen Aufnahmen machen aus dem Film ein Kunstprojekt.
„Endziel Märchenwiese“ von Doris von Restorff, Karlsruher Filmclub, ist eine Reise mit vielen Hindernissen zum Basislager am Nanga Parbat. Es ist eine Erzählung, bestehend aus vielen kleinen Geschichten – vom Anbau der Weintrauben in großer Höhe, über ungewöhnliche Bärte und Gespräche mit einigen Frauen vor Ort. Der Film bekam die Auszeichnung „Bester Film“.
Mit Reinhard Sterzl vom Filmclub Friedrichshafen erleben wir bei der „Whalewatching Tour“ ein Abenteuer mit den beeindruckenden Walen vor der südafrikanischen Küste. „Gemeinsam erlebte Abenteuer bleiben für immer“ ist seine Botschaft.
In „Die ungleichen Schwestern“ lassen Erich und Christl Herold, Filmclub Singen-Radolfzell, über die Eigenarten von vier der liparischen Inseln erzählen. Es ist ein filmischer Reiseführer, kommentiert mit Humor und italienischem Akzent. Der Film erhält den Sonderpreis „Bemerkenswerter Reisefilm“.
Geschichte
Manche Filme befassen sich mit Aspekten der Vergangenheit, gedenken der Menschen oder deuten den zeitlichen Wandel und dessen Auswirkungen auf die Gegenwart.
Karl-Heinz Schmidt, BDFA-Einzelmitglied, hat für „Dessau und seine Söhne“ über Persönlichkeiten recherchiert, die in Dessau geboren wurden oder dort lebten. Mit Dessau assoziiert man natürlich Bauhaus; deshalb bildet diese Kunstschule den Schwerpunkt des Films, aber auch andere Söhne wie etwa Dieter Hallervorden und Kurt Weill sind genannt. Der prägnante Humor des Filmautors trägt zu einem großartigen Film bei. Karl-Heinz Schmidt erhält den Buchpreis für eine „Besondere Filmgestaltung.“
In „Die blauen Schuhe“ von Heidemarie Ritter und Team vom Ludwigsburger Filmclub wird eine Anekdote am Hofe von Herzog Carl Eugen erzählt. Barocke Kostüme der Edelleute, die authentische Ausstattung der Protagonisten und schließlich die Kulisse des Favoriteschlösschens in Ludwigsburg unterstützen die knapp erzählte Geschichte.
Vereine – Ehrenamt – Hobby – Freizeit
Vereine und Ehrenamt, Hobby und Freizeit bieten vielfältige Möglichkeiten, bei denen man tätig werden kann. Einige davon wurden filmisch aufgegriffen.
Volker Drittel und sein Team vom Ludwigsburger Filmclub zeigen in „Marbacher Ruderverein – alle in einem Boot“ ein Vereinsportrait zum 100. Bestehens des Vereins; Vorstand und Akteure kommen zu Wort.
George Kleinert, Karlsruher Film-& Videoclub, erzählt in „Mein Vatertag 23“ von einem Speedway-Renntag in Herxheim, zu dem er anlässlich des Vatertags eingeladen worden war. Die technischen Probleme der Fahrer im Fahrerlager werden dokumentiert. Schnelle Schnitte und passende Musik unterstreichen die Dokumentation.
Von großem ehrenamtlichen Einsatz berichtet der Beitrag „Suchen und Finden“ von Cord von Restorff, Karlsruher Film-& Videoclub. Eine Rettungshundestaffel kann Tag und Nacht angefordert werden, um vermisste Personen aufzuspüren. Der Film zeigt das Training der Hunde und eine realitätsnahe Spielszene.
Hans-Jürgen Ramoth, BDFA-Einzelmitglied, dokumentiert bei „Herzen aus Freiberg“ eine Spendenaktion zugunsten der Ende 2004 von einem Tsunami heimgesuchten Opfer in Asien.
„Jasmin“ von Reza Shakory, Ludwigsburger Filmclub, ist das Portrait einer Marathonläuferin; es zeigt die Höhen und Tiefen des Sportlerlebens bei einer sehr sympathischen Protagonistin.
Karl-Heinz Schmidt, BDFA-Einzelmitglied, dokumentiert, wie sich ein Protagonist „… den Traum erfüllt“, indem er eine alte Kino-Orgel kauft, sie zerlegt und restauriert. Die Parallel-Montage von – Buster-Keaton-Film – abholen und reparieren der Orgel – Vorführung während einer Vorstellung – ist meisterhaft; das Drehbuch war durchgängig sehr schlüssig, gut ausgearbeitet. Karl-Heinz Schmidt erhält dafür den Sonderpreis „Die silberne Schere“.
Meditation und Mystik
Meditation und Mystik ist Teil jedes Glaubens. Die Heransgehensweise zur filmischen Umsetzung ist schwierig.
„Wächterengel“ von Günter Welde, BDFA-Einzelmitglied, ist eine religiös-mythologische Erzählung über einen hölzernen, geschnitzten Engel. Gute Lichtführung, Detailaufnahmen und Einstieg in das „Wesen“tliche machen aus dem Werk ein meditatives Video.
In „Bunker Beach“ von Bernd Wahl und Bernd Joos, Filmclub Breisgau, wurden Fotos und Clips zu einem rasanten Video geschnitten und mit entsprechender Musik unterlegt. Ein meditativer Strandurlaub wird mit Effekten und passender Musik zum Kunsterlebnis.
Die Gefühle beim Betreten einer Kathedrale können überwältigen. Guido Moriell präsentiert mit „Cathedrala” eine optischen Gestaltung im Inneren einer Kathedrale; der Film steigert dies mit digitalen Effekten, Animationen, Überblendungen und löst damit ein meditatives Erleben aus.
Kommunikation
Auch die Kommunikation bzw. die Nicht-Kommunikation war Thema. Mit Kommunikation werden üblicherweise Informationen übertragen von Mensch-zu-Mensch oder von Mensch-zu-Medien.
Eine andere Art der Kommunikation zeigt „Ludwigsburg – die Stadt erzählt“ von Waltraut Kruse vom Ludwigsburger Filmclub. Die Stadt spricht zum Zuschauer; Bilder und Stimmung werden zu einer Geschichte komponiert und mit einem lyrischen Kommentar versehen.
In „Der 917er und das E-Mobil“ lassen die Autoren Edwin Mohr und Harald Spies vom AV-Dialog ein Zwiegespräch führen zwischen einem Fan der Porsche-Autos und seinem eher ahnungslosen Freund. Seht gute Aufnahmen auch von historischen E-Mobilen zeigen den langen Umweg vom ehemaligen Elektro-Auto zum heutigen E-Mobil.
Reza Shakory, Ludwigsburger Filmclub, zeigt in „Wo führt es hin?“ eine recht alltägliche Situation in der S-Bahn. Geschickte Aufnahmen, ein Wechsel zwischen Schwarz-weiß und Farbe zeigen anschaulich die digitale Isolation.
Der Trickfilm „Autonomie“ von Waltraut Kruse, Ludwigsburger Filmclub, zeigt in einer Animation, wie ambivalent der Einsatz von Technik werden kann; der Protagonist gerät in die Grauzone zwischen Unterstützung und Übergriffigkeit.
Humor
Manche Filmleute beweisen einen feinen Humor, den sie auch filmisch auszudrücken wissen.
Reinhard Sterzl vom Filmclub Friedrichshafen hat in seinem kurzen Film „Sardinen“ eine ungewöhnliche Idee zu einer Art Werbeclip verarbeitet.
Berthold Lindner, Filmclub Friedrichshafen, hat eine tolle Bastelidee mit Wäscheklammern zu einer animierten Geschichte umgesetzt, zum „Klemmerle“.
„Bumerang“ von Helmut Krämer, Filmclub Singen-Rdolfzell, ist eine humorvolle, gelungene Parodie in Reimen über das australische Fluggerät mit wichtigen Hinweisen zu seiner Verwendung.
Dr. Helmut Leier beobachtet in „Schwein muss man haben!“, wie sich ein Hund an einem Stoffschweinchen abarbeitet.